“Sommer-Interview” – mit Pfarrer Roger Ibounigg – Teil 7

Die Redaktion von “Pöllauer News” durfte Pfarrer Ibounigg am 23. Juli 2019 zur momentanen Situation und verschiedenen, viel diskutierten Themen interviewen. Das Interview wird in verschiedenen Teilen veröffentlicht. Hier folgt nun der 7. Teil des Interviews:

 

 

Noch einmal zurück zur Glaubensverkündigung. Viele wissen nicht mehr, was Sünde ist, sie kennen die 10 Gebote nicht, auch nicht die 5 Gebote der Kirche. Was kann man tun, um das Glaubenswissen der Bevölkerung wieder anzuheben bzw. ein Sündenbewusstsein zu schaffen?

Wir bringen in die Köpfe und Herzen der Menschen kein Glaubenswissen hinein, wenn nicht vorher eine Glaubenserfahrung geschenkt worden ist. Ich denken oft daran, dass ich, bevor ich den Glauben lebendig erfahren habe, neun Jahre schulischen Religionsunterricht gehabt hatte, der mich irgendwie nicht wirklich bewegt hat. Erst als ich 1980 zu einem Glaubensseminar gefahren bin, wo ich gemerkt habe, es geht darum, das ganze Leben Gott zu übergeben, ist in mir plötzlich das Interesse am Glaubenswissen gestiegen. Als ich von dem Glaubensseminar in Salzburg zurückkam, war meine erste Handlung, dass ich mir eine Bibel gekauft habe. Und dann habe ich im Religionsunterricht – ich war davon schon abgemeldet, und habe mich dann wieder angemeldet – zum Religionslehrer gesagt: „Warum lesen wir nie in der Bibel?“ Und in der nächsten Religionsstunde haben wir schon gemeinsam in der Heiligen Schrift gelesen. Das heißt, bevor nicht eine Glaubenserfahrung geschieht, haben wir fast keine Chance Glaubenswissen in die Herzen und Köpfe hineinzubringen.

 

Und wie können wir die Leute zu dieser Glaubenserfahrung bringen?

Darum muss die Gemeinde, die Pfarre, ein Ort der Glaubenserfahrung sein. Dass Herzen in der Feier berührt werden, das darf auch mit Gefühl zu tun haben, das hat auch viel mit Musik zu tun, hat viel mit einer überzeugten Verkündigung zu tun, eine zündende Predigt soll die Herzen anzünden und erst ein Herz das brennt, ist ein Herz das aufnahmefähig ist und Interesse hat, mehr und tieferes zu erfahren.

 

Warum ist die Musik so wichtig?

Die Musik berührt die Herzen der Gläubigen, die Musik öffnet, sie soll hinführen zur Verkündigung, sie ist der Pflug, der den Acker des Herzens für die Aussaat aufreißt. Singen ist auch ein Ausdruck eines starken Glaubens. Jeder, der in der Kirche mitsingt, wird zum Verkünder des Glaubens.

 

Gibt es Kriterien für Kirchenmusik?

Die Grenzen sind fließend auch hinüber zur PopMusik. Es muss eine Musik sein, die mich beten lässt und zum Beten bringt. Eigentlich gesungene Gebete. Musik, die mich hinaufhebt zu Gott. Dass kann Musik sein von Palestrina oder auch Musik mit der Gitarre… aber alle diese Stile von Musik müssen tiefer hinführen zu Gott.

 

Das heißt, in der Instrumentenwahl ist weiter Raum, oder gibt es da Grenzen, wo man sagt, das ist zu viel?

Ich denke, es gibt auch die Spirituals von den Schwarzen, wenn man das hört, da ist Musik schon unglaublich intensiv und nicht zu viel, weil wirklich Gott gemeint ist, es ist mitreißende Glaubensbegeisterung. Musik, die – wie vorhin schon gesagt – praktisch wie ein Pflug den Acker aufreißt. Aber dann muss in den Acker das Wort Gottes hineingesät werden. Glaube ist ja nicht nur ein Gefühl, sondern Glaube muss auch dann tragen, wenn nicht Musik und Freude vorherrschen, wenn auch bedrängte Stunden sind. Also muss dieser Glauben tiefer gründen, aber die Musik ist ein Eingangstor zum Glauben für viele.

 

Sie sagen ja immer, Musik muss der Messe dienen und die Musiker sind dann sozusagen auch im Dienst der Heiligen Messe, zusammen mit dem Priester und alles zusammen wäre dann sozusagen das optimale Gesamtpaket mit Musik, Heiliger Messe und zündender Predigt, damit das mit den Gebeten aufstrahlen kann…

Es geht darum, dass Musiker, wenn sie musizieren, beten. Dass sie nicht was vorstellen, darstellen, nicht eine Aufführung machen, die Messe nicht als Bühne missbrauchen, sondern dass sie sich demütig der Liturgie unterordnen und dass ihr Gesang zum Gebet wird. Ich erinnere mich noch, wie wir das als Musikgruppe vor vielen Jahren erkannt hatten und wie wir dann das erste Mal vor der Messe in der Sakristei zusammen gebetet haben und dann als Musikgruppe hinaus gegangen sind und bei einer Firmung gespielt haben. Wir haben den Unterschied wirklich ganz stark gemerkt. Nicht ich stehe im Vordergrund als Musiker, sondern ich diene Gott und bin ein Werkzeug Gottes, mit dem, was ich an Gaben und Charismen musikalischer Art einsetze.

 

Fortsetzung folgt…

Teil 1 https://poellauer-news.at/redaktion/allgemein/sommer-interview-mit-pfarrer-roger-ibounigg-teil-1/