“Sommer-Interview” mit Pfarrer Roger Ibounigg – Teil 11

Die Redaktion von “Pöllauer News” durfte Pfarrer Ibounigg am 23. Juli 2019 zur momentanen Situation und verschiedenen, viel diskutierten Themen interviewen. Das Interview wird in verschiedenen Teilen veröffentlicht. Hier folgt nun der 11. Teil des Interviews:

Warum ist die lateinische Sprache wichtig?

Latein ist die Kirchensprache, die Muttersprache der Kirche bis heute. Das 2. Vatikanische Konzil hat zum Beispiel neu eingeschärft, die Gläubigen sollen wenigstens die wichtigsten Teile des Ordinariums in Lateinischer Sprache beherrschen: Sanctus, Agnus Dei, Vater unser,… Wir sind weit entfernt von dieser Forderung. Latein hat auch einen verhüllenden Charakter. Die Ostkirche hat sich entschieden, dass sie den Altarraum mit einer Wand aus Bildern abgrenzt, das ist die Ikonostase. Ratzinger hat damals als Präfekt der Glaubenskongregation das Latein als die „Ikonostase des Westens“ bezeichnet. Und was noch dazu kommt: eine Kirche die weltumspannend und international ist, braucht eine gemeinsame Liturgiesprache. Und wenn Englisch die Liturgiesprache wird, das wäre traurig. Also, wenn man international eine Messe feiert, dann wäre schön, wenn das Hochgebet in lateinischer Sprache ist. Das war auch der Gedanke des 2. Vatikanischen Konzils und dessen anschließender Liturgiereform. Bis zur Gabenbereitung sollte die Muttersprache vorherrschen und ab der Gabenbereitung sollte die lateinische Sprache bleiben. Das könnte z.B. ganz wichtig sein in Gebieten, wo Sprache ein Streitpunkt ist, z.B. wo kroatische Teile der Bevölkerung sind oder in Kärnten, wo die Slowenen sind, wo es eine ganz heikle Sache ist, wie viel Slowenisch und wie viel Deutsch wann und wo verwendet wird. Man könnte das ganze umschiffen, wenn man wieder dem Latein seinen Platz gäbe. Und außerdem sagt die Konzilskonstitution, die Priester sollten beim Stundengebet die lateinische Sprache beibehalten. Das ist schon interessant, dass das vom 2. Vaticanum dezidiert gesagt worden ist.

 

Warum braucht es in der Messe eine „Ikonostase“?

Weil manchmal das Heilige durch Verhüllung besser sichtbar gemacht wird, als durch Enthüllung. Drum ist mir auch so wichtig, dass der Altarraum ein besonderer Raum bleibt. Wenn der Mesner herrichtet, macht er im Altarraum eine Kniebeuge, ebenfalls der Priester mit der Assistenz beim Einzug zur Messe. Der Altarraum sollte nicht zur Bühne für Aufführungen werden. Es gibt heilige Orte und Bezirke. Gott braucht sie nicht, aber wir Menschen.

 

Ist das Zelebrieren AD DOMINUM oder AD ORIENTEM auch eine Art “Ikonostase” oder was ist die Bedeutung davon?

Die Wendung des Priesters zum Volk und damit verbunden der sogenannte Volksaltar ist die vielleicht wesentliche Änderung der Liturgie im Gefolge des  2. Vatikanischen Konzils. Kein einziges Mal erwähnen die Konzilsdokumente den Volksaltar. Es ist ein eigentlich ein komisches Wort, denn der Hochaltar ist genauso ein Volksaltar, weil für das Volk die Nahrung, die himmlische Nahrung, von diesem Ort ausgeht. Aber es würde vielleicht nicht in allen Kirchen, aber in manchen besonderen Kirchen eine Wendung zum Hochaltar, zum Herrn hin, nach Osten, AD ORIENTEM, angezeigt sein. Manchmal kommt man sich als Priester wie einer vor, der mit einem Bauchladen vor dem Volk steht und etwas feilbietet. Die Zelebration nach Osten könnte auch wie eine gemeinsame Prozesssion verstanden werden, so wie das Volk Israel in die Freiheit zieht, so zieht die Feuersäule, also Gott, Christus, voran. Der Priester ist ja ein Repräsentant Christi und er zieht voran. Jemand hat auch das lustige Bild eines Buschauffeurs gebracht, der nicht zu den Leuten schaut, sondern der vorne das Lenkrad hält und den Kurs hält. Er ist vielleicht nicht so treffend, dieser Vergleich, wichtig aber ist, dass die Kirchen immer geostet waren, dass die Priester bisher immer nach Osten zelebriert haben. Da gibt es natürlich einen berühmten Fall, wo nicht nach Osten zelebriert wurde, das ist der Petersdom. Das war deswegen, weil der Petersdom nicht geostet werden konnte, weil der hintere Teil des Petersdom eine riesige Aufschüttung ist. Das schwere Presbyterium ist deshalb nach Westen gebaut worden und der Papst hat weiterhin nach Osten zelebriert, scheinbar zum Volk hin. Das hat sicher auch diese Änderung gefördert. Man hat kurz  nach dem 2. Vatikanischen Konzil in den Forschungen noch nicht so viel gewusst wie zum Beispiel heute, wo es heute Publikationen gibt, wo sehr gut bewiesen werden kann, dass immer nach Osten, zum Herrn hin, AD DOMINUM, zelebriert wurde. Das müsste auch heute Folgen haben, dass wir nicht eine verkrampfte Konzilsideologie verfolgen, sondern, dass manche Kirchen baulich sofort geeignet wären, dass man AD DOMINUM zelebriert, also zum Hochaltar hin.

 

Warum ist der Osten so wichtig?

Der Osten, die aufgehende Sonne, das Licht, ist immer ein Symbol des wiederkehrenden Christus gewesen. Christus der wiederkommt, er wird vom Osten kommen. Gläubige Juden nehmen das wörtlich. Darum sind die teuersten Plätze für Gräber in Jerusalem im Osten der Stadt, am Ölberg.

 

Warum sind solche Symbole so wichtig?

Weil der Mensch einen Leib hat und weil dieser Leib sich in der Liturgie ausdrücken muss. Es hat eine große Bedeutung ob ich stehe oder ob ich knie, oder ob ich sitze, alles, was der Leib tut, unterstreicht und hilft dem Inneren nachzukommen.

Fortsetzung folgt…

Teil 1 https://poellauer-news.at/redaktion/allgemein/sommer-interview-mit-pfarrer-roger-ibounigg-teil-1/