So kann´s nicht weitergehen! – von Pfr. Roger Ibounigg

Diese Worte gingen mir bei der letzten Kommunionspendung an eine Pilgergruppe durch den Kopf.

Was ist los mit den Hirten? Sehen sie den Verfall der Liturgie? Sehen sie nicht, dass das Allerheiligste Altarsakrament mehr und mehr wie gewöhnliches Brot ausgeteilt wird – vielerorts ohne Notlage auch von Laien? Stumme Hunde, die nicht bellen. Sind wir als geweihte Diener des Altars nicht auch Wächter des Allerheiligsten? Wer wagt es noch, davon zu sprechen, dass es Situationen gibt, in denen man die Eucharistie nicht empfangen kann? Ein Priester, der dies wagt, wird nicht zuerst von außen, sondern aus dem Inneren der Kirche angegriffen. Verteidigen Bischöfe solche Priester? Das Wort Sünde kommt vielen Hirten nicht mehr über die Lippen. Das Sakrament der Buße wird nicht mehr erwähnt und auch nicht mehr angeboten. Mancherorts wird am Beginn der Messe nie mehr das Schuldbekenntnis gebetet. Wie beredt ist doch das Zeichen, sich drei Mal an die Brust zu klopfen: Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld! Ja, mündig und selbstbewusst meinen wir heute vor Gott stehen zu dürfen. Bei der eingangs erwähnten Wallfahrtsmesse mit Senioren stellte ich fest, dass auch keiner mehr bei der Wandlung niederkniet. Als Pfarrer in einem Wallfahrtsort kann ich feststellen, dass offensichtlich weithin die Kommunion nur mehr im Stehen und auf die Hand empfangen wird. Die Mundkommunion im Knien existiert in manchen Pfarren nicht mehr. Die Wenigen, die dies tun, brauchen Mut und gelten sehr bald als extrem und religiös überspannt. Die Kommunionbänke wurden und werden entfernt. Diözesane Liturgiekommissionen haben keinen Sinn dafür, den wenigen, die noch die Kommunion im Knien empfangen wollen, dies würdig zu ermöglichen. Herzlos lässt man sie auf dem Steinboden knien und bezeichnet dies dann als Gleichberechtigung beider Formen des Kommunionempfangs. Toleranz nur in eine Richtung. Ältere und gebrechliche Menschen kommen nur mühsam wieder auf.

Aber auch das Verkümmern der Form der Handkommunion ist schmerzlich zu sehen. Kein Thron mehr für den eucharistischen Herrn. Oft hält man nur mehr eine Hand hin. Hin und wieder nimmt mir jemand die Kommunion einfach mit Daumen und Zeigefinger aus der Hand. Andere halten lasch beide Hände in Bauchhöhe auf. Viele nehmen das Brot des Himmels im Weggehen dann beiläufig zu sich. Schon öfter musste ich im Winter darauf hinweisen, dass der Empfang der Handkommunion mit Handschuhen nicht gestattet ist. Welche Verrenkungen machen auch Menschen, die ein Kind auf dem Arm tragen, um die Kommunion zum Mund führen zu können. Manchmal hängt auch an der Hand, mit der die Kommunion empfangen wird, noch eine Handtasche.

Die zunehmend verwahrloste äußere Form zeigt an, was mit dem Glauben an die Eucharistie geschehen ist. Papst Paul VI. hat dies offensichtlich befürchtet, als er sich gegen die Einführung der Handkommunion stellte. Leider aber hat er 1969 dem Druck einer kleinen Zahl von Bischöfen nachgegeben. Dabei hatte eine vorher erfolgte weltweite Umfrage ergeben, dass zwei Drittel der Bischöfe für die Beibehaltung der Mundkommunion stimmten. Oft höre ich die Bemerkung: „Aber es kommt ja auf das Innere an!“ Ja, aber außen und innen gehören zusammen. Der innere Glaube äußert sich. Ein Priester kann noch so schön über das Geheimnis der Eucharistie predigen, aber die beste Predigt ist die ehrfürchtige Haltung der Gläubigen. Wenn die Heiligkeit des Momentes des Kommunionempfangs durch die Haltung der Gläubigen nach außen sichtbar wird, spüren gleichzeitig jene, die sich in einer ungeordneten Lebenssituation befinden, dass sie nicht zur Kommunion gehen sollen. Wie oft dachte ich schon daran, einen Zettel in die Bänke zu legen, um in wenigen Worten die Zulassungsbedingungen zur Kommunion aufzuschreiben. Als ich vor Jahren bei einer Erstkommunion sagte, dass es zum Kommunionempfang notwendig sei, im Stande der Gnade zu sein, fügte ich das Beispiel hinzu, dass man als zusammenlebendes Paar auch kirchlich verheiratet sein müsse. Das war dann lange Gesprächsthema im Ort. Ich wagte es in den folgenden Jahren nicht mehr zu sagen, aber es beschäftigt mich fortwährend. Bei vielen kirchlichen Feiern sind auch Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, oder solche, die anderen Konfessionen angehören und eben solche deren Beziehungsstatus keinen fruchtbringenden Kommunionempfang erlaubt. Wäre es nicht notwendig, die Möglichkeit einer Segnung solcher Personen anzubieten? Das sollte in der Kirche eingeführt werden, in einer Zeit, in der wir immer multikultureller werden. Jene, die es möchten, treten mit vor

der Brust gekreuzten Armen hinzu und verneigen sich leicht, so dass der Spender der Kommunion sofort sieht, dass diese Person den Segen erbittet. Oft ist es auch technisch notwendig, dass bei der Kommunion alle aus der Bank heraustreten. Auf diese Weise wären alle nach vorne gerufen, die einen für den Segen, die anderen zum Empfang des Himmelsbrotes. So erfahren sie sich nicht als ausgeschlossen, wissen aber dass der Zugang zu einem fruchtbaren Empfang der Heiligen Eucharistie über die Beichte wieder möglich wird. Wenn das Bußsakrament verschwindet, hat dies einen großen Einfluss auf das Verständnis der Eucharistie. Aber solange sich solche Personen nicht zu einer radikalen Lebensänderung durchringen können, können sie um den Segen bitten. In ihnen wächst die Sehnsucht nach der himmlischen Speise und sie können im Licht der Gnade Gottes die notwendigen Schritte tun.

Oh, es gäbe nun noch so viel zur Liturgie zu sagen. Der verstorbene Papst Benedikt XVI. sagte: „Ich bin überzeugt, dass die Kirchenkrise, die wir heute erleben, weitgehend auf dem Zerfall der Liturgie beruht.“

Wo beginnen? Da könnte man viel schreiben. Ich muss als Priester bei mir selbst beginnen.

Wie? Ganz einfach: Auf die Knie gehen und in Stille den Herrn anbeten. Einen Ort der eucharistischen Anbetung schaffen. Mich umformen lassen, still und leise. Nach und nach einzelne Menschen an diesem Schatz teilhaben lassen. Nur vom Herrn berührte können andere mit dem Herrn in Berührung bringen! Ich schließe diese Zeilen ab mit einem Zitat aus dem Propheten Jesaja (30,15): „Denn so spricht der Herr, der Heilige Israels: Nur in Umkehr und Ruhe liegt eure Rettung, nur Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft.