Kirchenführung mit Erstkommunionkindern nach Erstbeichte soll missglückt sein. Pöllau, am 5.4.2016
Liebe besorgte Mütter einiger Erstkommunionkinder!
Nach tief erlebten und mit Arbeit erfüllten Ostertagen komme ich erst jetzt zu einigen Antwortzeilen bezüglich der Erstbeichte und dem „Drumherum“.
Ich weiß nicht, für wie viele Eltern sie sprechen, aber Ihre Zeilen haben mich höchst erstaunt. Erstaunt war ich deswegen, weil ich eine durchgehend positive Stimmung wahrzunehmen meinte. Die Beichten selber waren schon sehr ehrlich, tief und dennoch ohne falsche Anspannung. Ein wenig Aufgeregtheit gehört einfach dazu. Im Pfarrsaal haben wir miteinander Kaffee getrunken und Kipferl gegessen und nett geredet. Die anschließende Kirchenführung ist Ihrer Meinung nach „aus dem Ruder gelaufen“, endete „in einem Desaster“. Ich erinnere mich, dass ich den staunenden Kindern, die Kelche, die Monstranz, den Hochaltar, den Mechanismus des Ewigen Lichtes, die Kuppeldarstellungen, das große Bild der Gottesmutter, die oberen Emporen mit dem spannenden Ausblick, die Orgel mit ihren Pfeifen usw. gezeigt habe. Die Führung dauerte fast eine Stunde und die Kinder (… und im Hintergrund die Mütter) waren aufmerksam, ja begeistert, dabei.
Nun zu den Bildern, die sie als „dunkel“ und „übel“ klassifizieren. Die Fegefeuerdarstellung ist immerhin fast einen Meter hoch und Teil des großen Marienaltars. Ich wies zuerst auf die Muttergottes hin, zu der die Armen Seelen bittend ihre Arme ausstrecken. Diese Darstellung zu erklären, war mit wichtig, da ich solche Führungen schon jahrelang mache und dabei gerne auch auf die Fragen der Kinder eingehe. Ein Kind fragte: „Warum sind die da unten im Feuer drin?“ Dann erkläre ich immer, dass Seelen, die nicht gereinigt sind, erst im Fegefeuer gereinigt werden müssen, damit sie zu Gott kommen können. Das Bild mit dem Feuer ergänzte ich dann noch mit dem Bild des Wassers: „So wie ein Auto sauber wird, wenn es durch die Waschstraße fährt, so müssen auch wir gereinigt werden, wenn wir zu Gott kommen wollen. Ihr, liebe Kinder, habt heute gebeichtet und seid jetzt ganz rein…..“
Zum 2. Bild: Das Martyrium des Heiligen Johannes Nepomuk ist mir nicht so wichtig, wichtig ist mir, dass dieser, trotz Todesdrohungen des Königs, das Beichtgeheimnis nicht verraten hat. Deshalb hält auf dem Bild auch ein Engel eine Zunge in die Höhe. Kein Wort davon, dass ihm die Zunge abgeschnitten wurde, wie eine Oma eines Kindes mir in einem Telefonanruf unterstellt hat. Ich nehme an, dass der Akzent auf der Wahrung des Beichtgeheimnisses, gegenüber dem Sturz in die Moldau, leider zu stark in den Hintergrund getreten sein dürfte.
Ich wundere mich, dass Sie auch das dritte „schreckliche“ Bild nicht genannt haben. Vergaß ich auf den Hauptheiligen unserer Kirche, den Heiligen Vitus, hinzuweisen? Sein Martyrium, dargestellt am riesigen Hauptaltarbild, musste ich ja auch erwähnt haben? Sie haben diese Mail (zu meiner Verwunderung gleich an den Dechant) am Mittwoch der Karwoche geschrieben. Darüber hinaus erhebt sich für mich die Frage, ob der Anblick des Gekreuzigten den Kindern heute noch zumutbar ist? Natürlich weiß ich, dass erst die Auferstehung diesen Anblick erträglich werden lässt.
Die Gottesmutter in Fatima hat 1917 drei Kindern den Himmel und die Hölle gezeigt. Die 7-jährige Jacinta sagte später, dass sie diesen Anblick nur ertragen hätten, weil ihnen die Gottesmutter daraufhin auch den atemberaubend schönen Anblick des Himmels ermöglicht hatte. Möglich, dass ich zu wenig die positive Sicht des Fegefeuers betont habe. Ich glaube, dass diese Kirchenführung sehr wohl ausgewogen und froh machend war. Das habe zumindest ich so wahrgenommen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen offensichtlich diesen Tag getrübt habe. Sie hätten mich aber gleich darauf ansprechen dürfen. Das wäre der erste Weg. Der freudige Tag der Erstkommunion, auf den auch ich mich als Zelebrant schon freue, möge nicht von solchen „Wolken“ überschattet werden. Ein persönlicher Kontakt wäre sicher sehr gut und würde mich freuen. Eine Einladung zu einem Elternabend könnte hier Missverständnisse ausräumen, aber bisher gab es hier meinerseits immer Paralleltermine. So wäre diese Missstimmung nicht so leicht aufgetreten.
Ich meine aber aus Ihrem Brief auch ein VORURTEIL herauszuhören. Außerdem dürfte schon meine 5-minütige Verspätung bei Einigen Unmut erzeugt haben. Dafür bitte ich auch um Verzeihung. Verspätungen können aber auch triftige Gründe haben, die ich Ihnen erklären könnte. Ich bitte Sie, mir, bei der Vorbereitung der Erstkommunionkinder zu helfen, eventuell auch zu ergänzen, wo ich Dinge einseitig an die Kinder herangetragen habe. Ich würde mich wundern, wenn die Frau Religionslehrerin nicht schon einmal von der katholischen Glaubenslehre des Fegefeuers zu den Kindern gesprochen hätte. Den Glauben nicht zu verwässern und dennoch kindgerecht weiterzugeben, ist eine delikate Aufgabe, die wir gemeinsam zu leisten haben. Sie als Eltern sind dabei ebenfalls herausgefordert. Was hätten Sie ihren Kindern erklärt, wenn die Frage über die Fegefeuerdarstellung an Sie ergangen wäre?
Im Bewusstsein, dass meine Glaubensverkündigung nicht immer so erfolgreich ist, grüße ich Sie mit der Bitte um Nachsicht und Verzeihung,
Ihr Pfarrer Roger Ibounigg